Das rote Kaninchen

Mein Falknerkollege Hans Schiew....., kaum einer kannte ihn unter diesem Namen, wurde von allen nur die „Tümpelkröte“ genannt. Wo der Name herkam, war mir unbekannt.                                                                 Hans wohnte in Möckern und ist wegen der Arbeit nach Neinstedt, einem Nachbarort von Stecklenberg, gezogen.                                                                                                                                                                     Ich kannte ihn schon von einigen Falknertreffen, so dass der Kontakt schnell hergestellt war. Hans hatte die Gabe, überall Kontakte für die Beizjagd zu organisieren. So auch dieses mal. Er hatte in Hakeborn (am Hakel) ein Revier aufgetan, welches einen guten Kaninchenbesatz haben sollte.                                             Dieses Revier bestand aus einer alten Müllkippe, die schon vor längerer Zeit stillgelegt wurde. Es war alles überwuchert von allen möglichen Unkräutern, die schon kniehoch standen. Überall ragten noch Gegenstände wie Metall, Keramik und auch Glas aus dem Boden. Das alles würde die Beizjagd erschweren.                                                                                                                                                               Unsere Vögel waren gut vorbereitet und der Erfolg hatte sich relativ schnell eingestellt.                              Meinen „Fox“ (Kleiner Münsterländer) habe ich im Auto gelassen, um eine Verletzung des Hundes zu vermeiden.                                                                                                                                                                 Also sind wir als „Stockfalkner“ losgezogen und haben mit einem Stock die Nunnis beunruhigt. Hans rief : „Habicht frei!“ Schon sah ich seinen Habicht fliegen, der dann auch das Kaninchen binden konnte.             „Falknersheil!“ war meine Antwort auf den Superflug seines Vogels. Auch meine Pia hatte erfolgreich eine Jagd abgeschlossen.                                                                                                                                               Erstaunlich, wie lange die Kaninchen Unruhe aushalten können. Und schon ging es wieder los. Ich habe es nur rascheln hören und als ich sicher war, habe ich meine Pia freigegeben und schon war sie von der Faust und dem Kaninchen hinterher. Leider war der Nuckel schnell wieder in der Deckung verschwunden und Pia hatte das Nachsehen.                                                                                                                                 Sie baumte auf und hatte so einen super Überblick über das Gelände. Aber sie konnte da oben nicht stehen bleiben. Hans war ja noch mit seiner „Diana“ untewegs. Da kann es leicht zu Rangelleien unter den Habichten kommen, die nicht immer gut ausgehen. Auch ist auf solch einer stillgelegten Müllkippe allerlei Getier unterwegs, das nicht unbedingt als Beizwild taugt.                                                                                Dem Hans habe ich zugerufen er möge seinen Vogel festhalten bis ich Pia wieder auf der Faust habe. „Ok!“ kam seine Antwort. Eigentlich hätte ich ihm das nicht sagen müssen. Wir Falkner wissen, es fliegt immer nur ein Vogel. Mit dem Ruf „Vogel frei“ halten alle anderen ihre Vögel fest.                                         Pia stand ganz entspannt auf dem Baum und beobachtete das Gelände.                                                       Auf einmal wurde sie sehr aufmerksam. Für mich war es das Zeichen, hier ist was im  Busch. Sollte sie ein Kaninchen anjagen, so konnte ja nichts geschehen, Diana stand ja bei Hans auf der Faust.                         Und ab ging die Post! Ich konnte nicht sehen, was sie anjagd. Für mich stand fest, es ist wieder ein Kaninchen. Vom Hans kam der Kommentar „ Sie hat es!“ Also die Beine in die Hand und den Vogel unterstützen. Von der Ferne sah ich schon, dass es etwas Größeres sein muss, ein Hase vielleicht. Ich sah von der Ferne, dass sie zu kämpfen hatte.

Als ich nah genug am Vogel, der die Beute fest im Griff hatte dran war, stockte mir der Atem. Ich sah nur rotes Fell. Eine Katze hatte sich Pia ausgesucht. Himmel! Was war das denn? So etwas kann für den Habicht tödlich ausgehen.                                                                                                                                      So - und nun begann das Problem. Wie den Vogel von der Katze abnehmen? Meine Hilfeschreie wurden vom Hans wahrgenommen, jedoch eine wirkliche Hilfe war er nicht, Auf seiner Faust stand ja Diana, die auch zur Katze wollte. Nun war höchste Eile geboten.

Die Katze, ein erfahrener Kater, der seinen Schwanz schon bei einigen anderen Schlachten eingebüst hatte, lag auf dem Rücken. Sehr gefährlich für meine Pia.

Zum Glück hatte sie einen Fang am Hals, so dass der Kater nicht beißen konnte, Den anderen Fang hatte sie in der Bauchgegend gesetzt. Wie nun diesen Dachhasen, der fauchte und seine Krallen ausfuhr, bändigen. Hans kam eine Idee und hat sich mit seinen Füßen auf die Hinterläufe des Katers gestellt. Seine Diana zappelte natürlich auch, um an das Objekt der Begierde zu kommen.                                                   Nun konnte ich mit meinem Falknerhandschuh die Vorderläufe halten. Die Krallen konnten keinen Schaden anrichten. Also Falknermesser raus und dem Treiben ein Ende setzen.

Pia war sich der Gefahr, in der sie sich befand, gar nicht bewusst - es war einfach „Beute“. Sie ist ja ein Teil der Kumpanei und vertraut auf den Beistand von Hund und Falkner.                                                       Nun erst mal Ruhe einkehren lassen. Pia stand jetzt entspannt ohne zu manteln auf der Beute. Es war ja keiner da, der ihr die Katze streitig machen wollte. Als sie anfing an dem Kater zu rupfen, war es Zeit, ihr ihre verdiente Belohnung zu geben. Kater mit der Falknertasche abdecken und frische Atzung anbieten. Diese hat Pia richtig genossen, hatte sie doch ein Stück Arbeit hinter sich. Der Kropf war nun voll. Ein Fang angezogen stand sie ruhig auf meinem Handschuh.                                                                               Von Entspannung war ich noch ein gutes Stück entfernt. Ich machte mir Sorgen, ob der Kater sie gebissen hatte. Erste Untersuchungen am Vogel ergaben keine Verletzungen. Trotzdem habe ich Pia zu Hause vorbeugend mit Antibiotika behandelt. So war ich auf der sicheren Seite. 

Für uns war an diesem Tag die Beizjagd beendet. Diana und auch Pia hatten jeder ein Kaninchen gebeizt. Frohgemut fuhren wir nach Hause.

Natürlich haben wir auf der Fahrt noch mal alles durchgekaut und so mancher Scherz kam vom Hans über die Lippen.

                                          Der geschossene Habicht

Eigentlich ist es immer die gleiche Frage, die ich meinen Falknerschülern stelle: „Was bewegt dich, die „Kunst“ der Falknerei zu erlernen?“ Es kommen dann Antworten wie: “ Ich habe das mal gesehen und war begeistert.“ Oder : „ Ich liebe Greifvögel.“ Auch einige andere Beweggründe werden vorgetragen.               Aber nur wenige denken daran, dass der Greifvogel 365 Tage im Jahr betreut werden muss.                     Eine Waffe kann ich in den Schrank stellen - den Vogel aber nicht.                                                                 Ich war auch einer von denen, die es mal sehen wollten. So bin ich nach Nauendorf, bei Halle, gefahren, um bei einem Falknertreffen dabei zu sein. An diesem Tag traf ich auch auf Werner, der in Vorbereitung der Falknerprüfung war. Das ist nun schon 44 Jahre her und allmählich hat sich daraus auch eine intensive Freundschaft entwickelt.                                                                                                                                         Nach 44 Jahren habe ich ihn dann mal gefragt, wie er zur Falknerei gekommen ist. Er erzählte mir dann seine unglaubliche Geschichte.                                                                                                                               

Als Werner den ersten Kontakt mit einem Greifvogel hatte, stellte sich ihn die Frage nicht, ob er Falkner werden möchte.

Der Kontakt bestand lediglich darin, dass ein Habicht sich einer seiner besten Tauben gegriffen hatte und dabei war, sie zu verspeisen. Das ging gar nicht! Also ins Haus und das Luftgewehr gegriffen, um dem Biest den Garaus zu machen. Auf den Gedanken folgte die Tat und die Fressorgie hatte ein jehes Ende. Nun ist es aber so gekommen, dass der Habicht nicht tot war. Was nun?

Also erst mal den ersten Schreck überwinden und den Vogel ins Gewächshaus gelegt. Wenn er dann das Zeitliche gesegnet hat, wollte er ihn ausstopfen lassen. Es kam anders!  Als Werner wieder im Gewächshaus nachgesehen hatte, welch ein Wunder, stand der Habicht auf einem Balken.

Bei dem Anblick wurde dem Schützen bewusst, welchen Frevel er begangen hatte. Nun wurde ein Tierarzt aufgesucht, der den Habicht gründlich untersuchte. Die Verletzung war nicht schwerwiegend und Werner konnte das Tier wieder mitnehmen. Wohin nun mit dem Habicht und was frisst so ein Vogel. Alles sehr schwierig, wenn das nötige Wissen fehlt und keiner da ist, der einem mit Rat zur Seite stehen kann. Das Gewächshaus musste nun wieder herhalten und was solch ein Vogel frisst, hat er ja gesehen -Tauben.                                                                                                                                                                       Bald merkte der neue Halter eines Habichtes, dass das Gewächshaus auf Dauer nicht taugt. Also nochmal zum Tierarzt, um sich Rat zu holen. Leider war das nicht sonderlich hilfreich. Enttäuscht ging es wieder nach Hause. Nicht viele Tierärzte waren im Umgang mit Greifvögeln geschult, hatten Sie doch ihre Hauptaufgabe, Großsäuger in den landwirtschftlichen Betrieben gesund zu erhalten. 

Werner hatte das so empfunden und mit seiner Familie ausgewertet. Auch seine Tochter Lotte hatte ein Ohr an der Basis. Irgendwann später sollten die Kinder in der Schule einen Aufsatz über ein Erlebnis schreiben. Ich glaube, ihr wisst, was nun kommt. Lotte hat natürlich über die Ereignisse mit dem Habicht geschrieben. Der Tierarzt kam dabei nicht allzu gut weg. „Der Tierarzt versteht nicht viel vom Vögeln.“ So stand es im Aufsatz geschrieben!                                                                                                                       Werner hat dem Tierarzt den Aufsatz zur Kenntnis gebracht und beide konnten darüber herzhaft lachen. Wie sollte es nun mit dem Habicht weiter gehen. Wie kommt man an Literatur? Google war vor 47/48 Jahren noch nicht zu befragen.

Zuerst ist der Habicht erst mal anzubinden. Aber wie? Leder und ein Strick war dann die Lösung. Leder, um die Ständer und die Riemen dann mit dem Strick verbunden. Super! Aber wohin mit dem Habicht? Greifvögel stehen ja in den Bäumen. Also eine Kiste gezimmert und in den Baum verbracht. Ein längeres Seil an das Geschüh gebunden und den Vogel da rein gestellt. Natürlich kam was kommen musste. Der Habicht hat sich ständig verheddert. War also auch keine Lösung.

Zielstrebig wie Werner nun ist, konnte er alle diese Probleme lösen und eine gute Verbindung mit dem Vogel herstellen. Bald war der Habicht soweit, dass er ihn frei fliegen lassen konnte. Das blieb natürlich den Jägern nicht verborgen. So hat der Tierarzt, der auch Jäger war, Werner geraten, in die Jagdgesellschaft einzutreten. Damit war sein Weg in die Falknerei vorprogrammiert.                                     Über die Jagdgruppe fand er Anschluß zur „Arbeitsgruppe Falknerei des Bezirkes Halle“. Hier traf er auf die Falkner, die dem Jungfalkner Werner das Rüstzeug für ein aktives Falknerleben mitgegeben haben. 

In diesem Jahr, 2023, wird Werner 80 Jahre alt und ist immer noch ein aktiver Falkner. Seine Erfahrungen hat er in den Falknerverband eingebracht und Wissen zielstrebig an Jungfalkner weitergegeben. Werner kümmert sich auch intensiv um verletzte Greifvögel. Hier hilft ihm die Erfahrung als Falkner.

Ich denke, wir können ihm seine damalige Verfehlung nachsehen. Hat er sie doch mehrfach wieder gutgemacht. 


 


 


 

 

 

 

 

 

 

 

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